Doch das Böse gibt es nicht? Folter, Massenvernichtung und Genozid sind immer noch real existierende Phänomene einer nihilistischen Kriegspraxis. Der Film webt die Untiefen der Vernichtungslust durch fiktionalisierte Täterbekenntnisse, ausgehend von realen Zeugnissen, zu einem dichten Bedeutungsnetz. Ein herausfordernder Filmsog und einer der meistdiskutierten Festivalfilme des Jahres.
Mit unglaublicher Wucht macht der Film nur durch das gesprochene Wort und seine Verkörperung das Nachleben der Gewalt ebenso erfahrbar wie ihre bedrohliche Aktualität. Selma Doborac ist ein außergewöhnlicher und hochintensiver Film gelungen, der wie kaum ein anderer zuvor zerstörerische (Gruppen-)Dynamiken und das Inhumane im Menschen auch philosophisch zu denken gibt. „De Facto” interveniert in unsere Tendenz, die unangenehme aber notwendige Auseinandersetzung mit Massengewalt zu verdrängen. Er ermöglicht eine neue Form künstlerischer Zeugenschaft, die auch unseren Glauben an Gerechtigkeit herausfordert. – Silvia Bahl, Filmdienst
Selma Doborac
AT, DE 2023
130 min | Deutsch
Caligari Filmpreis (Berlinale), Crossing Europe Local Artist Award, Special Award for Promoting Gender Equality (Sarajevo)
Selma Doborac
Geb. 1982 in Bosnien und Herzegowina, lebt in Wien und arbeitet in den Bereichen Essay- und Experimentalfilm, Fotografie, Installation, Konzept- und Textkunst. Studium an der Universität für angewandte Kunst und bei Harun Farocki an der Akademie der bildenden Künste, Wien.
Filme
Es war ein Tag wie jeder andere im Frühling oder Sommer 2012 | Those Shocking Shaking Days 2016 (11.UX) | De Facto 2023
Credits
B+S+SD+P: Selma Doborac | K: Klemens Hufnagl | M: Didi Kern, Philipp Quehenberger | T: Claus Benischke-Lang, Jochen Jezussek | V: Sixpackfilm | Mit Christoph Bach, Cornelius Obonya