lost & Found: 2 Filme von Marquard
Bohm
Auch so kann es beginnen: „Jane erschießt John, weil er sie mit Ann betrügt”, ein kurzer früher München-Film von Rudolf Thome, besetzt mit Marquard Bohm, Gelegenheitsstatist, der seinem zwei Jahre älteren Bruder Hark von der Elbe an die Isar gefolgt ist.
Und darin geschieht folgendes: Marquard kauft Ann in einer Schwabinger Boutique einen teuren Pelzmantel und blättert Schein um Schein auf den Tresen, mit einer herablassenden Noblesse, die ihresgleichen sucht und dazu führt, dass Thome ihn gleich für seinen ersten Langfilm „Detektive” als Hauptdarsteller engagiert.
Von da an hat er seinen Ruf weg als „deutscher Belmondo”, wird fortan und immer wieder gerne von Thome besetzt. Auch andere Autorenfilmer des Neuen Deutschen Films, wie Fassbinder, Lemke, Wenders und sein Bruder Hark („Nordsee ist Mordsee”, 1976), und der Berliner Schule (Thomas Arslan, Christian Petzold) erkennen das gefährliche Potenzial Bohms, bei dem man nie sicher sein kann, was wohl als nächstes passiert.
Da ist einfach alles möglich: größte Leidenschaft und abgrundtiefer Hass. Am besten ausleben kann er das in Roland Klicks „Deadlock” (1970). Seine reine physische Präsenz rettet so manchen Film vor dem Untergang. Man erinnert sich immer an ihn und seine verwegene Visage, aber manchmal einfach nicht an den Rest.
Was viele aber nicht wissen, ist, dass er selbst zwei Filme gedreht hat, in Hamburg, 1966/67 den einen („Na und…?”), 1971 den anderen („Terror Desire”). Zwei Filme, gemacht nicht für ein Publikum, nicht für eine kommerzielle Auswertung im Kino, sondern für sich selbst, für Freunde, zum gelegentlichen Anschauen. Ähnlich wie sein Schwabinger Pendant „Anatahan Anatahan” (Martin Müller, 1969), beschreibt auch „Na und…?” den Lebensentwurf einer verschwundenen (west-)deutschen Realität, angesiedelt zwischen der Unmöglichkeit, arbeiten zu gehen, und den Zwängen einer Gesellschaft, die Anpassung verlangt. „Terror Desire” hingegen ist reinstes Patchwork-Kino, eine wilde Mischung aus Gangsterfilm und Road Movie, Nouvelle Vague und Pop Art und auf jeden Fall postmodern. Wir zeigen diese beiden lange verschwundenen Werke erstmals gemeinsam in München, in den Original-35mm-Kopien. Marquard Bohm, vor zehn Jahren gestorben, wäre dieses Jahr 75 geworden. – Bernd Brehmer
Na und…?
Marquard Bohm & Helmut Herbst – BRD 1966/67
44 min – 35mm – Deutsch B: Marquard Bohm – K: Bernd Fiedler – S:
Eike Gallwitz – P: Rudolf Thome – Mit Marquard Bohm, Klaus Lemke,
Rolf Zacher, Peter Berling –
K: Jessica Lee Gagné –
S: Daniel Karolewicz
Terror Desire
Marquard Bohm – BRD 1971
33 min – 35mm – Deutsch B: Marquard Bohm – K: Nils-Peter
Mahlau – P: Helmut Herbst – Mit Hark Bohm, Marquard Bohm, Petra
Krüger