Feast

© Tim Leyendekker | Feast

Tim Leyendekker

NL 2021
84 min | HD | Niederländisch
B: Tim Leyendekker, Gerardjan Rijnders | K: Benito Strangio, Adri Schrover, Reinier van Brummelen, Boris van Hoof, Claire Pijman, Aafke Beernink, Robijn Voshol | S: Matte Mourik, Tim Leyendekker | T: Gerben Kokmeijer, Jeroen Leemans | P: seriousFilm, absent without leave | V: Square Eyes | Mit Kuno Bakker, Oscar van den Boogaard, Sanne den Hartogh, Koen van Kaam, Trudi Klever, Eelco Smits, Maureen Teeuwen, Hans J., Bert Luppes, Katerina Seneti, Vincent van der Valk

montag 11 okt 21.30 werkstattkino | zu gast: Tim Leyendekker

Dekonstruktion des aufsehenerregenden Groninger HIV-Falls, bei dem auf Sexparties schwulen Männern infiziertes Blut gespritzt wurde. Aus fiktionalisierten Zeugenaussagen und dokumentarisch anmutenden Spielszenen entsteht ein provokanter Versuch über Wahrheit. Die mora­li­sche Grat­wan­de­rung vollzieht Leyen­dekker mit künst­li­chen Eingriffen in die Welt der Dokumente. Vieles erinnert auch an moderne Thea­ter­in­sze­nie­rungen. So sind die nach­ge­stellten Szenen statisch, werden ruhig von den Schau­spie­lern gespro­chen, in einer zweiten Ebene verwan­delt sich der Raum in eine Guck­kas­ten­bühne, wenn die Schau­spieler sich selbst durch einen Spion­spiegel, wie man ihn aus Fern­seh­krimis kennt, beim Disku­tieren beob­achten und kommen­tieren, was sie sagen. Leyen­dekker entschul­digt nichts und macht auch nichts nach­voll­ziehbar. Die spontane mora­li­sche Verur­tei­lung wie zu Beginn des Films aber hat sich am Ende deutlich rela­ti­viert, die eindeu­tige Moral der verur­tei­lens­werten Handlung hat viele Schat­tie­rungen ange­nommen. Hier werden dem Bösen Nuancen verliehen, als äußerst gelungenes Wagnis. (Dunja Bialas)

Akribisch breitet eine Polizeibeamtin die verbliebenen Gegenstände eines der Opfer des Aufsehen erregenden, von der Presse sensationslüstern als „HIV-Morde“ betitel-ten Verbrechens vor uns aus. 2017 wurden im niederländischen Groningen junge Männer auf schwulen Sexparties unter Drogeneinfluss mit dem HI-Virus infiziert. Der 1973 in Rotterdam geborene Tim Leyendekker, Bildender Künstler und Filme-macher, dessen sechs Kurzfilme auf internationalen Festivals reüssierten, hat sich für sein Langfilm-Debut von Platons „Symposion“ inspirieren lassen und untersucht in sieben Vignetten die unterschiedlichsten Facetten dieses Falles – genauso wie die Teilnehmer des berühmten Gastmahls in ihren Reden die Wirkungsweisen des Gottes Eros würdigten. So stehen quasi-dokumentarische Zeugenaussagen und fiktionale Spielszenen neben dem wissenschaftlichen Exkurs einer Mikrobiologin, die über Vi-ren und deren Verhalten bei Tulpen referiert und uns mit der „rashomonischen“ Tat-sache konfrontiert, dass es die eine absolute Wahrheit nicht geben kann. Stattdessen macht uns der provokative Film, der über Fragen des Lebens, den Tod und die Moral reflektiert, das Angebot, all die möglichen physischen und philosophischen Realitä-ten genauer ins Auge zu fassen. (Bernd Brehmer)

Tim Leyendekker geb. 1973 in Rotterdam. Studium an der Willem de Kooning Academy in Rotterdam. Der bildende Künstler, Filmemacher und Fotograf produziert Film- und Videokunst, in der er die konzeptionellen und formalen Grenzen des Kinos als narratives Medium auslotet. FEAST ist sein Spielfilmdebüt.

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